Das vorliegende Dokument ist eine Zusammenfassung des Europäischen Öffentlichen Beurteilungsberichts (EPAR), in dem erläutert wird, wie der Aussschluss für Humanarzneimittel (CHMP) die durchgeführten Studien beurteilt hat, um zu Empfehlungen bezüglich der Anwendung des Arzneimittels zu gelangen. Wenn Sie weitere Informationen über Ihre Krankheit oder deren Behandlung benötigen, lesen Sie bitte die Packungsbeilage (ebenfalls Bestandteil des EPAR), oder wenden Sie sich an Ihren Arzt oder Apotheker. Wenn Sie weitere Informationen bezüglich der Grundlage der Empfehlungen des CHMP wünschen, lesen Sie bitte die wissenschaftliche Diskussion (ebenfalls Teil des EPAR).
Firdapse, INN-amifampridine
Was ist Firdapse?
Firdapse ist ein Arzneimittel, das den Wirkstoff Amifampridin enthält. Es ist als weiße, runde Tabletten (10 mg) erhältlich.
Wofür wird Firdapse angewendet?
Firdapse wird zur symptomatischen Behandlung des Lambert-Eaton-Myasthenischen Syndroms (LEMS) bei Erwachsenen angewendet. Bei der Krankheit LEMS leiden die Betroffenen an einer Muskelschwäche, die durch eine gestörte Übermittlung elektrischer Impulse von den Nerven an die Muskeln bedingt ist.
Da es nur wenige Patienten mit LEMS gibt, gilt die Krankheit als selten, und Firdapse wurde am 18. Dezember 2002 als Arzneimittel für seltene Leiden („Orphan-Arzneimittel“) ausgewiesen.
Das Arzneimittel ist nur auf ärztliche Verschreibung erhältlich.
Wie wird Firdapse angewendet?
Die Behandlung mit Firdapse sollte nur unter Aufsicht eines Arztes bzw. einer Ärztin mit Erfahrung in der Behandlung von LEMS begonnen werden.
Firdapse wird verteilt auf drei bis vier Dosen täglich verabreicht. Die empfohlene Anfangsdosis beträgt 15 mg pro Tag und kann alle vier bis fünf Tage um 5 mg auf eine Tageshöchstdosis von 60 mg gesteigert werden. Eine Einzeldosis darf 20 mg nicht überschreiten.
Firdapse ist zu den Mahlzeiten einzunehmen.
Wie wirkt Firdapse?
Um die Kontraktion der Muskeln zu ermöglichen, müssen die Nerven mit Hilfe des chemischen Botenstoffs Acetylcholin elektrische Impulse an die Muskeln übermitteln. Acetylcholin wird während der so genannten Depolarisation aus den Nervenenden freigesetzt. In dieser Phase strömen geladene Kalziumpartikel in die Nerven, wo sie für die Freisetzung von Acetylcholin benötigt werden.
Der Wirkstoff in Firdapse, Amifampridin, ist ein Kaliumkanalblocker. Er verhindert, dass geladene Kaliumpartikel die Nervenzellen verlassen und verlängert so die Depolarisation. Hierdurch können mehr Kalziumpartikel in die Nerven transportiert werden, und die Nerven haben mehr Zeit, Acetylcholin freizusetzen und damit die Muskelkontraktion zu stimulieren.
Wie wurde Firdapse untersucht?
Die Wirkungen von Firdapse wurden in Versuchsmodellen getestet. Da der in Firdapse verwendete Wirkstoff seit mehreren Jahren zur Behandlung von LEMS angewendet wird, legte das Unternehmen auch Informationen über Studien mit Firdapse aus der wissenschaftlichen Literatur vor. In zwei veröffentlichten Studien mit 38 Erwachsenen mit LEMS wurde Firdapse mit Placebo (einem Scheinmedikament) verglichen. Die Hauptindikatoren für die Wirksamkeit stützten sich auf die Beurteilung der Muskeltätigkeit anhand einer Bewertungsskala, entweder der NDS-Skala (Neurological Disability Score) oder der QMG-Skala (Quantitative Myasthenia gravis Score). Patienten mit niedrigeren NDS- oder QMG-Werten verfügen über eine bessere Muskelfunktion.
In einer weiteren Studie wurden die Daten aus den zwei veröffentlichten Studien kombiniert auf das Summenmuskelaktionspotenzial (CMAP – compound muscle action potential) untersucht. Das CMAP ist ein Maß für die elektrische Aktivität in Muskeln.
Welchen Nutzen hat Firdapse in diesen Studien gezeigt?
Firdapse war bei der Behandlung von Patienten mit LEMS wirksamer als Placebo. In einer Studie sank der NDS-Wert bei Patienten unter Firdapse von 40 auf 22 Punkte, während er bei Patienten unter Placebo auf 35 sank. Die andere Studie ergab einen Rückgang des QMG-Wertes von 2 Punkten bei Patienten unter Firdapse, verglichen mit einem Anstieg von 0,25 Punkten bei Patienten unter Placebo.
In der dritten, kombinierten Studie zeigten die Patienten unter Firdapse stärkere Verbesserungen des CMAP als Patienten, die Placebo erhielten.
Welches Risiko ist mit Firdapse verbunden?
Die in der veröffentlichten Literatur aufgeführten häufigsten Nebenwirkungen von Firdapse sind Parästhesie (ungewöhnliche Empfindungen wie Kribbeln) und gastrointestinale Störungen wie Oberbauchschmerzen, Durchfall (Diarrhö), Übelkeit und Magenschmerzen. Die vollständige Auflistung der im Zusammenhang mit Firdapse berichteten Nebenwirkungen ist der Packungsbeilage zu entnehmen.
Firdapse darf nicht bei Patienten angewendet werden, die möglicherweise überempfindlich (allergisch) gegen Amifampridin oder einen der sonstigen Bestandteile sind. Es darf weder bei Patienten mit Epilepsie in der Vorgeschichte noch bei Patienten mit unkontrolliertem Asthma oder angeborenen QT-Syndromen (Herzrhythmusstörungen) angewendet werden. Firdapse darf nicht mit Sultoprid (einem antipsychotischen Arzneimittel) oder mit Arzneimitteln angewendet werden, die bekanntermaßen zu einer Verlängerung des QTc-Intervalls (einer Veränderung der elektrischen Herzaktivität) führen. Des Weiteren darf es nicht mit Arzneimitteln angewendet werden, die eine geringe therapeutische Breite besitzen. Arzneimittel mit geringer therapeutischer Breite können leicht Nebenwirkungen verursachen, wenn sie in einer geringfügig höheren als der empfohlenen Dosis verabreicht werden.
Warum wurde Firdapse zugelassen?
Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) gelangte zu dem Schluss, dass die Vorteile von Firdapse gegenüber den Risiken überwiegen, und empfahl, die Genehmigung für das Inverkehrbringen von Firdapse zu erteilen.
Firdapse wurde unter „außergewöhnlichen Umständen“ zugelassen. Dies bedeutet, dass es aufgrund der Seltenheit der Krankheit bisher nicht möglich war, umfassende Informationen über Firdapse zu erlangen. Die Europäische Arzneimittel-Agentur wird jedes Jahr sämtliche neuen Informationen prüfen, die verfügbar werden, und die vorliegende Zusammenfassung wird gegebenenfalls aktualisiert.
Welche Informationen werden für Firdapse noch erwartet?
Das Unternehmen, das Firdapse herstellt, wird Studien über die Wirkung von Firdapse auf das QT-Intervall und über Wechselwirkungen von Firdapse mit Nahrungsmitteln durchführen. Darüber hinaus wird es ein Register für Patienten mit LEMS aufbauen. Der Hersteller wird außerdem Studien zu Tumoren in Versuchsmodellen durchführen.
Weitere Informationen über Firdapse:
Am 23. Dezember 2009 erteilte die Europäische Kommission dem Unternehmen EUSA Pharma SAS eine Genehmigung für das Inverkehrbringen von Firdapse in der gesamten Europäischen Union. Die Genehmigung für das Inverkehrbringen gilt fünf Jahre und kann anschließend verlängert werden.
Diese Zusammenfassung wurde zuletzt im 01-2010 aktualisiert.