Praxisgebühr: Arme verzichten auf Arztbesuch

Seit fünf Jahren wird jeder Patient bei seinem ersten Arztbesuch im Quartal zur Kasse gebeten. Die zehn Euro Praxisgebühr sind eine Maßnahme des 2004 eingeführten Gesundheitsmodernisierungsgesetzes.

Das Ziel ist klar, Kostensenkung durch weniger Arztbesuche, die Folgen erschreckend.
Das zeigt das Ergebnis einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung.
In einem Zeitraum von zwei Jahren wurden 7.800 Männer und Frauen befragt, ob sie im zurückliegenden Quartal Arztbesuche aufgeschoben oder ganz vermieden hätten.

Heraus kam, dass vor allem bei langzeiterkrankten Patienten die finanzielle Situation über die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen entscheidet.
So verschoben oder verzichteten chronisch Kranke mit einem monatlichen Einkommen von max 600 Euro zweieinhalb Mal so häufig auf einen Arztbesuch wie Betroffene, die monatlich mehr als 2.400 Euro zur Verfügung haben.

Je niedriger das Einkommen, desto höher die Schwelle, bei Bedarf ärztliche Hilfe zu holen.
Dabei sind gerade chronisch kranke Menschen oft auf eine regelmäßige medizinische Versorgung angewiesen.

2 Kommentare zu “Praxisgebühr: Arme verzichten auf Arztbesuch

  1. Sabine F. sagt:

    Es sind nicht nur die 10,- Euro Praxisgebühr an Mehraufwand!
    Trotz Nierdrigeinkommen (Sozialgeld, Harzt IV) müssen Zuzahlungen geleistet werden bei Medikamenten, Zahnersatz, andere medizinische Leistungen, Fahrtkosten.
    Früher hatte man automatisch eine Befreiung bei geringem Einkommen.
    Nicht jeder kann auch den Eigenanteil vorstrecken.
    Wie das mit der Zuzahlung beim Zahnersatz jetzt ausschaut, ob er trotz Bonusheft und Befreiung mittlerweile geleistet werden muss?!
    Das wäre mir neu.

  2. Judy sagt:

    Man achte aber auf die Feinheiten… es kommt ein wichtiger Aspekt hinzu:

    Da ich selbst am Existenzminimum liege, bin ich soweit von vielen Zuzahlungen befreit. Ich zahle ca. 100 Euro jährlich im voraus, bekomme dann eine „Befreiungskarte“. Darüber hinaus zahle ich keine Rezept- und Praxisgebühren. Hinzu kommt die 1 % Regelung zum tragen, da Myasthenie bekanntlich eine chronische Erkrankung ist.

    Allerdings gibt es auch eine Studie, aus der hervorgeht, dass gerade die Einkommenschwachen unnötige Kosten investieren in überteuerte „Handy-Verträge“, Alkohol und exzessiven Zigarettenkonsum. Das gesamte Kindergeld fliesst in „Genussmittel“.

    Eine gründliche, professionelle Zahnreinigung oder nötiger Zahnersatz ist hiervon ausgenommen, eine Ungerechtigkeit hoch 10! Oft ist man mit ein paar Hundert Euro dabei, wenn das Gebiss „saniert“ werden muss (trotz der Einträge im Bonus-Heft)

    Der Brillen-Ersatz… wird auch nicht erstattet. „Brillen für Deutschland“, das wäre doch mal was. ):

    Aber es gibt auch Ausnahmen bei den nicht verschreibungspflichtigen Mitteln:

    http://www.krankenkassen.de/gesetzliche-krankenkassen/leistungen-gesetzliche-krankenkassen/zusaetzliche-leistungsangebote/Nicht-verschreibungspflichtige-Arzneimittel/

Keine weiteren Kommentare möglich.